Wenn eine E-Mail Panik auslöst

Archiv

Eine Selbsthilfegruppe unterstützt Menschen mit Sozialer Phobie

Pforzheim. Harmloser könnte sie nicht wirken, die Situation: Den Tisch hat der Mann für sich allein, erst zwei Meter weiter sitzt der nächste Gast des Cafés. Da kommt die Kellnerin, um die Bestellung aufzunehmen. Und schon geht es los: Thomas Hippchen bekommt schweißnasse Hände, ein Zittern deutet sich an, der Kopf nimmt eine rötliche Farbe an. Auch das Interview beginnt er erst mit leicht zitternder Stimme, im Lauf des Gesprächs kommen ihm die Sätze immer flüssiger über die Lippen. Der 50-jährige Thomas Hippchen hat gelernt, die Symptome wahrzunehmen, sie gleichzeitig aber auch zu ignorieren. Er weiß: Er leidet unter etwas, was man als „Soziale Phobie“ bezeichnet.

Wenn eine E-Mail Panik auslöst

Kleine Kaffeepause mit großer Wirkung. Wieder einmal hat Thomas Hippchen seinen inneren Schweinehund das Fürchten gelehrt. Foto: Roth

Und das ist alles andere als pure Schüchternheit. Die Angst vor anderen Menschen kann sich bis zur Panik steigern, dazu führen, dass Menschen ihren Beruf aufgeben und sich zu Hause verbarrikadieren, obwohl sie wissen, dass sie soziale Kontakte brauchen. „Man muss das ein Leben lang trainieren“, sagt Thomas Hippchen, der die im September 2015 in Pforzheim gegründete Gruppe nun mehr in der Öffentlichkeit bekannt machen will. Wohl wissend, dass er damit als Vorstandsmitglied des Verbandes der Selbsthilfe Sozial Phobie etwas tut, was ihm als Sozialphobiker eigentlich die Haare im Nacken stellt: sich ins Rampenlicht begeben. Als ein Mensch, der unter solchen Symptomen leidet, habe man, so beschreibt er das „Krankheitsbild“, immer und überall das Gefühl, man stehe im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, „alle Scheinwerfer sind auf mich gerichtet“. Folge: Man habe sogar Angst, Kommunikation mit anderen Menschen beim Mailen aufzubauen. Die Angst, etwas falsch zu machen, die Angst vor der Beurteilung durch andere, sie raubt dem Betroffenen nicht nur fast den Atem, sondern auch ein Stück Lebensqualität. „Ich habe Interesse für Buddhismus entwickelt und wollte schon immer mal eine Meditation in der Richtung machen, habe aber zwei Jahre Anlauf gebraucht. Und dann bin ich nicht allein, sondern mit drei anderen aus der Gruppe hingegangen. Weil ich mir sagte, kann doch nicht wahr sein, dass ich das nicht machen kann, was mich wirklich interessiert.“ Thomas Hippchen hat dann zwar festgestellt, dass es nicht sein Ding ist, aber das hätte er nie erfahren, wenn er nicht seinen ganzen Mut zusammengenommen hätte. Das Gleiche mit der Selbsthilfegruppe. „Einige Male stand ich in Mannheim schon vor der Tür und bin wieder nach Hause gefahren“, sagt er.

Wir freuen uns, dass Sie sich für einen logo Artikel interessieren. Jetzt registrieren und weiterlesen.

  • Alle Webseiteninhalte
  • Inklusive aller logo Artikel
  • Jederzeit kündbar

Sie sind bereits Abonnent? Hier einloggen

Artikel empfehlen