Wenn Papier zu Kunst wird
Archiv
Ingrid Bürger aus Neuenbürg stellt im Landratsamt-Foyer aus
Enzkreis. Was an Wünschen und Erinnerungen in Koffern steckt, mag schwer wiegen. Die Koffer selbst aber sind federleicht, sogar zerbrechlich. Bewusst hat die Neuenbürger Künstlerin Ingrid Bürger ihre papierenen Reiseutensilien, die sich im Foyer des Landratsamtes Enzkreis stapeln, leer gelassen. Papier ist vergänglich, manchmal geduldig, immer auch Teil der Natur und mit einer lebhaften Struktur versehen. Zumindest, wenn man es selbst schöpft, wie Bürger das seit Jahrzehnten tut.

„Geheimes Wissen“ bergen die Bücher von Ingrid Bürger in diesem Koffer. Foto: Roth
Sie schöpft in den Augen von Landrat Karl Röckinger aus dem Vollen. Er kenne sich, so der bei der Vernissage zu Wortspielen aufgelegte Hausherr, der eine wahre Bürger-Beteiligung in seinem Haus konstatierte, mit Papier aus. „Schließlich bin ich Chef einer Behörde.“ Den fachlichen Part überließ er der Kunsthistorikerin Regina M. Fischer, die sich zunächst auf die historischen Pfade des Papyrus begab. Der flächige Werkstoff aus Fasern meist pflanzlicher Herkunft sei bereits 200 vor Christi in China verwendet worden und ab dem zwölften Jahrhundert dann auch in Europa. Erst im 20. Jahrhundert aber sei Papier mehr geworden als nur Text-Träger, nämlich auch Gegenstand von Kunst und gleichwertig eingesetzt wie Stein, Holz, Farbe, Metall. Und wenn man es selbst herstellt, so Regina M. Fischer, dann habe es einen eigenen ästhetischen Reiz und eine haptische Qualität – mit einer nie ganz glatten Oberfläche. Bevor Ingrid Bürger ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann, muss sie sich erst einmal selbst das Material dafür erschaffen. Papier ist als Masse formbar, als Blatt verwendbar und für Abformungen geeignet – ein vielseitiger Werkstoff. Es ließen sich, so die Kunsthistorikerin, im handgeschöpften Papierbrei „Erinnerungen in Form von Materialien“ einlegen, die Spuren hinterlassen, Erinnerung, Nachhall und ein Echo. Eine „ungeheure Aktualität“ hat ihrer Ansicht nach die Werkgruppe „Da Sein – Fremd Sein“ mit besagten gestapelten Koffern.
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