Vater schüttelt Sohn und verletzt ihn schwer

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Berufungsverhandlung wegen der mutmaßlichen Misshandlung eines sechs Monate alten Kindes

Pforzheim (eki). Am 21. Februar 2015 wurde ein sechs Monate alter Junge von seiner Mutter in die Helios-Klinik nach Pforzheim gebracht. Wegen schwerer Schädelverletzungen wurde das Kind noch am selben Tag mit dem Hubschrauber ins Katharinenhospital nach Stuttgart gebracht. Dort konnte das Leben des Kindes durch eine Notoperation gerettet werden. Nur wenige Tage später wurde der Vater des Jungen als möglicher Verursacher der Verletzungen ermittelt, und am 1. Dezember 2015 wurde der 34-Jährige vom Amtsgericht Pforzheim wegen Misshandlung eines Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Weil sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft Berufung gegen dieses Urteil einlegten, wird der Fall seit Montag vor der Landgerichtskammer des Amtsgerichts erneut verhandelt. Dabei wird das gesamte Verfahren noch einmal wiederholt und sowohl der Angeklagte als auch sämtliche Zeugen erneut vernommen. „Das Urteil kann dann anders ausfallen. Aber es muss nicht anders ausfallen“, stellte Richterin Diana Schick zum Auftakt der Verhandlung klar. Laut der damaligen Urteilsbegründung habe der 34-Jährige durch das heftige Schütteln eine Erblindung oder eine geistige Behinderung seines Kindes in Kauf genommen.

Der Angeklagte wollte sich wie bereits bei der ersten Verhandlung nicht zu den Vorwürfen äußern, wurde allerdings von der Mutter des Kindes schwer belastet. Sie sei an jenem Tag morgens zum Einkaufen gegangen, sagte die damalige Lebensgefährtin des Angeklagten bei ihrer Zeugenaussage, und bereits als sie das Haus verließ, habe ihr Sohn geweint. Als sie nach einer Stunde zurückgekommen sei und ihr Kind beim Wickeln zitterte sowie ein Auge nicht mehr öffnen konnte, habe sie den Rettungsdienst angerufen und den Jungen ins Krankenhaus gebracht. In persönlichen Gesprächen habe der 34-Jährige zwar jegliche Verantwortung für die Verletzungen zurückgewiesen, doch nach Gesprächen mit den Ärzten sei sie von der Schuld des Kindsvaters überzeugt gewesen und habe die Beziehung beendet. Nach den Angaben der Mutter habe der Angeklagte unter Alkoholeinfluss immer wieder ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt und seinen Sohn schon zuvor ein oder zweimal geschüttelt. Der exzessive Alkoholkonsum des Angeklagten sei auch der Grund für die Beziehungsprobleme des Paares gewesen, sagte die Mutter, und auch am Tag vor der mutmaßlichen Tat habe sich der Mann betrunken. Der Junge kam nach dem Vorfall für drei Jahre in eine Pflegefamilie und ist erst seit wenigen Wochen wieder bei der leiblichen Mutter. Die Verletzungen hat der Junge nach Angaben der Mutter dank mehrerer Operationen gut überstanden. Allerdings müsse er heute eine Brille tragen und regelmäßig zur Ergotherapie. Der Angeklagte kam vor einigen Jahren mit seiner ersten Tochter, die aus einer anderen Beziehung stammt, nach Deutschland und hielt sich seither mit Gelegenheitsjobs auf dem Bau über Wasser. Seit einigen Wochen lebt er nach eigenen Angaben in der Wohnungsloseneinrichtung Wichernhaus. Am Mittwoch wird die Verhandlung um 9 Uhr mit der Vernehmung von weiteren Zeugen fortgesetzt. Nach den Plädoyers will Richterin Schick dann das Urteil verkünden.

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