Balsam für die Seele
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Seit 20 Jahren vermittelt und vernetzt „Kiss“ beim Landratsamt hilfesuchende Menschen – Aktuell gibt es etwa 100 Gruppen
Enzkreis. Eines möchte Renate Poignée gleich zu Beginn des Gesprächs ausdrücklich betonen: „Eine Selbsthilfegruppe ersetzt nie die therapeutische Leistung und die Aufgabe eines Arztes.“ Eine Selbsthilfegruppe sei aber auch nicht, wie Außenstehende sich das vielleicht manchmal zusammenfantasierten, ein „Jammerclub“. Eine Bemerkung, die zeigt: Die Frau, die sich bei „Kiss“, der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen, unter dem Dach des Landratsamts Enzkreis in Pforzheim unter anderem berufsmäßig mit dem Thema beschäftigt, hat oft mit Vorurteilen zu tun.

Mit Rat und Tat steht Renate Poignée bei „Kiss“ zur Seite, wenn Menschen eine Selbsthilfegruppe suchen oder eine gründen wollen. Foto: Roth
Seit 20 Jahren gibt es „Kiss“, fast auf den Tag genau im September 1995 trafen sich die ersten Gruppen, die ihre Treffen oft in den Räumen des Landratsamts veranstalten. Wenn Selbsthilfegruppen entstehen, dann meist aus einem Leidensdruck heraus, weil die Psyche krank ist oder der Körper oder beides, weil Menschen das Gespräch mit Leidensgenossen suchen, um sich Rat zu holen, konkrete Tipps für Anträge, Medikamente oder Ärzte brauchen – und weil sie wissen, dass sie hier am ehesten Verständnis für ihre Situation finden. Wer nie an einer Depression litt, weiß nicht, wie sich die Krankheit anfühlt. „Am Anfang bildeten sich Gruppen zum Thema Depression, Schädel- und Hirnverletzungen und Zwangserkrankungen in Gedanken oder Handlungen“, weiß Renate Poignée. Ihre Aufgabe bei „Kiss“ ist es auch, Anrufer erst einmal zu beraten, herauszufinden, wo der Schuh drückt. Bis zu 300 Anrufer sind es im Jahr, „und oft zeigt sich, dass es verschiedene Dinge sind, die anstehen“. Eine Angststörung kann zwar durch eine Trennung ausgelöst werden, aber ganz andere Ursachen haben. Das kann Poignée klar machen und den Anrufer dann in einem nächsten Schritt an eine Gruppe vermitteln oder auch zur Gründung einer eigenen Selbsthilfegruppe ermuntern. Dabei steht Poignée mit Rat und Tat zur Seite. Bei Bedarf kommt sie auch zum ersten Abend und führt in die Gruppenarbeit ein. Dabei kommt sie auch auf das oberste Gebot zu sprechen: „Natürlich muss derjenige dann auch das Gefühl haben, dass das in der Gruppe bleibt, was er spricht.“ Einen Leiter gibt es eigentlich nicht, aber gut sei es schon, wenn jemand da sei, der das Treffen eröffne und beschließe. Auch für sie ist es wichtig, einen Ansprechpartner zu haben.
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