Darum enden schwäbische Ortsnamen oft auf "-ingen"

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Die auffällige Häufung von Ortsnamen mit der Endung „-ingen“ in Schwaben ist nicht nur ein interessantes sprachliches Phänomen, sondern auch ein wichtiger Hinweis auf die Geschichte der Region.

Esslingen ist eine der vielen Städte mit der Endung -ingen im Südwesten.

Esslingen ist eine der vielen Städte mit der Endung -ingen im Südwesten.

(Foto: NShaked/ Shutterstock)

Von Katrin Jokic

Wer mit dem Zug durch Schwaben fährt, begegnet auffällig vielen Städten und Gemeinden mit dieser Endung: Tübingen, Reutlingen, Balingen, Böblingen, Göppingen und so weiter.

Aber auch weit über Schwaben hinaus finden sich ähnliche Namensendungen in anderen Regionen, und sie alle erzählen eine Geschichte aus einer Zeit, die bis in die Zeit der Völkerwanderung zurückreicht.

Die Herkunft der Endung -ingen

Die Endung „-ingen“ hat ihren Ursprung im Althochdeutschen und stammt aus der Zeit der Völkerwanderung, etwa im 5. bis 7. Jahrhundert. Sie weist oft auf eine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stamm oder einer führenden Person hin. Ein Beispiel ist Herbertingen, was „bei den Leuten des Herbert“ bedeutet. Solche Ortsnamen entstanden häufig, als germanische Stämme, vor allem die Franken, sich in ehemaligen römischen Gebieten niederließen und dort Siedlungen gründeten.

Der Wortteil „-ingen“ lässt sich als „die Leute des“ oder „die Nachkommen des“ verstehen. Diese Namensgebung war eine der Methoden, mit denen sich neue Siedlungen identifizierten und mit ihren Gründern oder Stammesvorfahren in Verbindung gebracht wurden. So findet man auch Orte wie Esslingen (Siedlung der Leute des Azzilo) oder Pfullingen (Siedlung der Leute des Phulo), deren Ursprung auf eine ähnliche Art der Namensgebung zurückgeht.

Warum -ingen und -heim unterschiedliche Ursprünge haben

Neben der Endung „-ingen“ gibt es auch die weit verbreitete Endung „-heim“, die ebenfalls auf eine Zugehörigkeit hinweist, jedoch etwas später als „-ingen“ entstand, nämlich im Frühmittelalter. Während „-ingen“ stark mit der Völkerwanderung und den damit verbundenen Stammesgründungen in Verbindung steht, bezieht sich „-heim“ oft auf einen geografischen Punkt, an dem sich ein Ort etabliert hat. Orte wie Sinzheim oder Pforzheim leiten sich also eher direkt von geographischen Merkmalen ab.

Interessanterweise sind diese beiden Endungen in geografisch benachbarten Regionen sehr unterschiedlich verteilt. Im südlichen Teil von Baden-Württemberg finden sich viele Orte mit „-ingen“, während in nördlicheren Gebieten wie in Hessen und dem Badischen „-heim“-Endungen vorherrschen. Das zeigt, dass es sich um zwei verschiedene regionale Traditionen der Siedlungsbenennung handelt.

Verbreitung der -ingen-Endung in Baden-Württemberg

Im gesamten Bundesland Baden-Württemberg kommen mehr als 230 Ortsnamen mit „-ingen“ vor – das sind fast 21% aller Gemeindename des Landes. Besonders im schwäbischen Raum begegnet man dieser Endung häufig, von Esslingen über Plochingen bis hin zu Nürtingen und Wendlingen. Diese Städte und Dörfer weisen auf die lange Geschichte der Region und ihre Entwicklung im Kontext der frühen Besiedlung durch die Franken hin.

Die Vielzahl an Orten mit „-ingen“ ist auch eine Erinnerung an die Zeit, als die Franken das Gebiet besiedelten. Diese Siedlungen wurden nach ihren Stammesführern oder den besiedelten Gebieten benannt und trugen so zur Identifikation der Orte bei.