Wie die Römer die Pferdezucht nach Germanien brachten

Panorama

Die römische Eroberung des nördlichen Alpenvorlands im Jahr 15 v. Chr. markierte einen Wendepunkt in der Geschichte dieser Region. Neben politischen und kulturellen Veränderungen brachten die Römer auch neue Tierarten und Zuchtstrategien mit.

Ein Soldat der römischen Kavallerie reitet auf seinem Pferd während einer Kavallerievorführung anlässlich des Römerfestes in Xanten (Archivfoto).

Ein Soldat der römischen Kavallerie reitet auf seinem Pferd während einer Kavallerievorführung anlässlich des Römerfestes in Xanten (Archivfoto).

(Foto: Imago/Jochen Tack)

Von Markus Brauer

Forscher unter Federführung von Elmira Mohandesan vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) haben morphologische Proben von über 40 Pferden aus der späten Eisen- und Römerzeit analysiert. Dabei stellten sie fest, dass die römischen Pferde im Durchschnitt deutlich größer waren als ihre eisenzeitlichen Vorgänger.

Die Studie ist im Fachjournal „ScienceDirect“ erschienen.

Größete Pferde für die Kavallerie

 Historische Quellen berichten, dass die Römer die kleinen Pferde der lokalen germanischen Stämme als ungeeignet für den Einsatz in der Kavallerie betrachteten und daher größere Tiere importierten. Interessanterweise konnte die Studie keine genetische Grundlage für die größere Statur der römischen Pferde identifizieren.

 Dies deutet darauf hin, dass andere Faktoren wie verbesserte Ernährung, Haltung oder gezielte Zuchtpraktiken eine Rolle gespielt haben könnten. „Die Römer importierten nicht nur Tiere, sondern brachten auch ihr Fachwissen in den Bereichen Zucht und Tierhaltung mit“, erklärt Studienleiterin Elmira Mohandesan vom KLIVV der Vetmeduni.

Genetische Vielfalt durch Import

Die Daten zeigen, dass die Römer Pferde aus ihrem gesamten Reich einführten, aus Regionen so weit entfernt wie Hispanien, Britannien und Thrakien. Dieser Zustrom förderte die genetische Vielfalt in der Alpenregion.

Historische Texte und genetische Beweise bestätigen auch eine klare Unterscheidung in der Verwendung: männliche Pferde wurden in erster Linie für militärische Zwecke eingesetzt, während weibliche Pferde zivile Aufgaben wie Zucht und Transport übernahmen.

Maultiere: Unverzichtbar, aber nicht heimisch

Maultiere – die robusten Nachkommen von Pferden und Eseln – waren für die römische Logistik unverzichtbar, da sie Güter und militärische Vorräte transportierten. Die Studie fand jedoch keine Hinweise auf eine lokale Maultierzucht nördlich der Alpen.

Stattdessen wurden Maultiere wahrscheinlich aus spezialisierten Zuchtzentren in Provinzen wie Gallia Belgica oder südlich in Italien importiert. „Dies unterstreicht den Umfang und die Effizienz des römischen Handels- und Logistiknetzwerks“, konstatiert Mohandesan.

Erbe des kulturellen und technologischen Austauschs

Die Studienergebnisse verdeutlichen, wie tiefgreifend der Einfluss der Römer auf die Tierhaltung und -zucht in den eroberten Gebieten war. Die römische Armee brachte nicht nur neue Pferderassen in die Region, sondern auch fortschrittliche Zuchtmethoden und Kenntnisse der Tierhaltung.

Dies führte zu dauerhaften Veränderungen in der lokalen Landwirtschaft und Infrastruktur. „Die Römerzeit war eine Ära des kulturellen und technologischen Austauschs, in der Tiere eine zentrale Rolle spielten. Durch die Kombination moderner Genetik mit Archäologie können wir diese Geschichten zum Leben erwecken und besser verstehen, wie Menschen und Tiere sich gegenseitig geprägt haben“, sagt Mohandesan.