„Wäre widersprüchlich“ – Palmer darf nicht bei Gegendemo in Tübingen sprechen
Baden-Württemberg
Mehrere tausend Menschen werden am Freitag bei der Demonstration gegen das Streitgespräch zwischen Boris Palmer und AfD-Landeschef Markus Frohnmaier erwartet.

Boris Palmer hätte gerne auch zu den Demonstranten gesprochen. „Ich bin gegen die AfD.“
(Foto: IMAGO/Eibner)
Von Eberhard Wein
Je nach Sichtweise mag man das Angebot originell, mutig oder tolldreist finden: In einem persönlichen Brief hat Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) angeboten, bei der Demonstration gegen das Streitgespräch zwischen ihm und AfD-Landeschef Markus Frohnmaier am kommenden Freitag, 19 Uhr, selbst als Redner aufzutreten. Er wolle die Demonstrierenden und ihren Protest unterstützen, teilte der ehemalige Grüne mit. Doch dazu wird es nicht kommen.
„Das Programm steht schon seit Wochen“, sagte Mai Schäffer, Sprecherin des Bündnisses „Gemeinsam und solidarisch gegen Rechts“. Die Demo richte sich zudem ausdrücklich dagegen, dass Palmer der AfD mit dem Streitgespräch den roten Teppich ausrolle. Palmer habe seine Bühne in der Hermann-Hepper-Halle, da brauche er nicht auch noch bei der Demo ans Rednerpult.
„Das wäre kontraproduktiv.“
Ähnlich äußerte sich die Klimabewegung „Fridays for Future“, die sich mit einer Fahrraddemo beteiligt. „Unsere Demonstration richtet sich in erster Linie gegen die Positionen, die die AfD vertritt, aber auch dagegen, dass diesen Positionen eine Bühne gegeben wird“, teilte der Sprecher Sebastian Kornmeier mit. „Hier sehen wir Herrn Palmer in Verantwortung; eine Unterstützung unserer Demonstration wäre damit widersprüchlich.“
Palmer hatte in seinem Schreiben an die Veranstalter mitgeteilt, er teile die Kritik an den rechtsextremen Inhalten der AfD. Ein deutliches Zeichen der Stadtgesellschaft sei wichtig. Deshalb unterstütze er die Gegendemonstration gerne mit einem Redebeitrag.
„Gemeinsam können wir zeigen, dass Tübingen die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD sucht und zugleich zusammensteht, um Demokratie, Menschenwürde und Menschenrechte zu verteidigen.“
Schafft Palmer, woran Topjournalisten scheitern?
Palmer hatte dem Streitgespräch mit Frohnmaier zugestimmt, weil er davon überzeugt ist, dass die Taktik, die AfD zu ignorieren nicht aufgegangen sei. Diese Analyse teile auch sie, sagte Schäffer. Es sei deshalb richtig, mit ihren Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen – zum Beispiel am Arbeitsplatz.
Diskussionen mit ihren Parteifunktionären seien allerdings sinnlos. „Studien sagen klar, dass es nicht möglich ist, die AfD zu entzaubern.“ Am Ende biete man nur ihren Lügen ein Forum.
„Warum sollte Herrn Palmer gelingen, woran schon Topjournalisten gescheitert sind?“ Auch der Rhetorikprofessor Joachim Knape, der die Moderation des Abends in der Halle übernommen hat, räumte ein, dass gegen Falschbehauptungen während des Gesprächs schwer anzukommen sei.
AfD bekommt Ticketkontingent
An der Veranstaltung in der Halle werden rund 700 Menschen teilnehmen können. 100 Tickets wurden dabei der AfD zur Verteilung übergeben, die restlichen Karten wurden an Tübinger Bürger vergeben, die sich dafür melden mussten. Vor der Halle erwarten die Organisatoren der Gegendemonstration rund 1500 Menschen. Die Polizei bereitet sich aber auch auf einen größeren Andrang vor, wie der Revierleiter Heiko Kächele betonte. Als Ende Januar die CDU zusammen mit der AfD im Bundestag Flüchtlingsgesetze verschärfen wollte, demonstrierten in Tübingen 10 000 Menschen gegen die Zusammenarbeit.
Dass als Redner bei der jetzigen Gegendemonstration neben Vertretern der Zivilgesellschaft auch Mitglieder der linksextremen Antifa zu Wort kommen sollen, hält Schäffer für unproblematisch. Palmer hatte dies kritisiert. Die Antifa sei ein besonders aktiver Part bei der Bündnisarbeit, die Zusammenarbeit bisher unproblematisch. „Wir haben großes Vertrauen zu allen im Bündnis“, sagte Schäffer.