Reilly Hennessey will Geschichte schreiben – am Ende einer besonderen Story

Sport

Es wird das letzte Spiel seiner Karriere – und Reilly Hennessey will einen besonderen Abschluss. Seiner Laufbahn, aber auch seiner Geschichte mit Stuttgart Surge.

Behält im Trubel des Spiels meist den Überblick: Quarterback Reilly Hennessey von Stuttgart Surge.

Behält im Trubel des Spiels meist den Überblick: Quarterback Reilly Hennessey von Stuttgart Surge.

(Foto: Pressefoto Baumann)

Von Dirk Preiß

Es ist in diesen Tagen ja viel die Rede davon, wie besonders dieses Endspiel in der eigenen Stadt für die Footballer von Stuttgart Surge ist. Am Sonntag (15 Uhr) kämpfen sie in der MHP-Arena gegen die Vienna Vikings um den Titel in der European League of Football (ELF). Es sind große Emotionen – schon lange vor dem Kick-off. Der vermutlich wichtigste Mann der Stuttgarter dagegen versucht sich an einer eher pragmatischen Herangehensweise.

Das Finale als Heimspiel? „Das bedeutet für mich zunächst einmal, dass wir eine kurze Busfahrt haben werden. Und, dass ich in der Nacht davor in meinem eigenen Bett schlafen kann.“ Sagt Reilly Hennessey, der betont: „Ich bin ja nicht hier aufgewachsen, war noch nie in der MHP-Arena und habe auch noch nie ein Fußballspiel live gesehen.“ Was fast ein bisschen distanziert klingt, hört sich aber schon ganz anders an, wenn der Quarterback der Surge ergänzt: „Ein besseres Drehbuch hätte man gar nicht schreiben können.“

Das gilt auch für ihn. Und seine besondere Stuttgarter Geschichte.

Der heute 29-Jährige kam 2023 erstmals nach Stuttgart – zum Verliererteam der Surge, die 2022 kein einziges Spiel gewonnen hatte. Der damals neue Coach Jordan Neuman und Hennessey führten das Team überraschend is Finale. Das ging verloren – und für den US-Amerikaner war die Mission beendet. Bis sich Neuman im Frühjahr wieder meldete.

Hennessey verschob sein Karriereende, kehrte nach Stuttagrt zurück, um den Traum vom Titel doch noch zu leben. Es lief gut – bis kurz vor Ende des Halbfinals, als ausgerechnet Mister zuverlässig zwei ungewohnte Fehler passierten. Stuttgart Surge war raus, Hennesseys Karriere zu Ende. Bis sich Neuman im Frühjahr wieder meldete.

Der Headcoach musste ein bisschen Überredungskünste zeigen, aber es gab da ja auch bei Reilly Hennessey noch einen inneren Antrieb, das Gefühl, noch nicht ganz fertig zu sein. Er kam wieder nach Stuttgart – und sagt heute: „80 Prozent dieser Entscheidung gehen auf diesen sauren Geschmack in meinem Mund.“ Den er beim Gedanken an das verloren gegangene Halbfinale 2024 lange Zeit noch hatte.

Auf den Weg bis ins Endspiel 2025 ist er jetzt schon „stolz“, und er betont: „Egal, wie dieses Spiel ausgeht, es wird meinem Blick auf den Football und meine Karriere nicht verändern.“ Er hat in Italien Titel gewonnen, auch in Deutschland bei den Schwäbisch Hall Unicorns unter Coach Neuman. Der im amerikanischen Vancouver geborene Spielmacher sagt aber auch: „Ich würde mich über ein großartiges Ende meiner Laufbahn sehr freuen. Wie jeder Wettkämpfer möchte ich dieses Spiel unbedingt gewinnen.“ Und danach das endgültige Karriereende feiern.

Das muss er – so oder so – nicht alleine tun. Er spiele in Stuttgart mit Jungs zusammen, mit denen er sich sehr gut verstehe, sagt Hennessey. Eine besondere Verbindung besteht dabei zu Mike Harley jr. und Louis Geyer, den wichtigsten Empfängern seiner Pässe. „Beide haben eine ähnliche Vorstellung vom Football wie ich“, sagt Quarterback, „sie erkennen die gleichen Räume, die ich auch sehe.“ Auch außerhalb des Spielfelds versteht sich das Trio bestens.

Und dann sind da ja noch die Liebsten aus der Heimat. „Zehn Familienmitglieder und fünf gute Freunde“ kommen aus den USA extra für das Championship Game in der MHP-Arena eingeflogen. Sie werden ein enges Finale sehen, das zumindest erwartet Reilly Hennessey, der von einem Schachspiel spricht, wenn er als das Endspiel denkt: „Es wird für beide Teams darum gehen, ihre Spieler auf die richtige Position zu bringen.“

Der Besuch aus den Staaten wird aber auch die Stadt erleben, die dem US-Amerikaner nach drei Jahren mittlerweile ans Herz gewachsen ist.

„Nicht so sehr wegen der Stadt an sich“, sagt Hennessey, der aber Stuttgart und Baden-Württemberg lieben gelernt hat, „viel mehr noch wegen der Menschen, die ich hier getroffen habe, und den Beziehungen, die hier entstanden sind.“ Kommt er wieder nach der Karriere? „I would love it“, sagt der Noch-Footballer. Er würde es lieben. Auch, dann bei seinem Surge-Spiel auf der Tribüne zu sitzen.

Im Idealfall: Als der Mann, der Stuttgart Surge zum ersten Titel geführt hat. Nach der Nacht im eigenen Bett und einer sehr kurzen Busfahrt.