In der Pflege viel Klein-Klein

Stuttgart

Die Pflegeversicherung soll zukunftssicher gemacht werden. Die bisherigen Ergebnisse sind ernüchternd.

Von Eidos Import

Und schon wieder wird versucht, ein Milliardenloch noch kurzfristig zu stopfen, diesmal in der Pflege. Denn auch hier steigen die Ausgaben rasant und liegen über den Einnahmen, obwohl der Beitragssatz erst zu Jahresbeginn angehoben wurde. Gleichzeitig aber, betont Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) immer wieder, sollen die Beiträge jetzt nicht noch weiter steigen. Denn das schade den Bürgern genauso wie der Wirtschaft.

Dieses Versprechen hatte Warken zuletzt auch nach einer Kosten-Notoperation bei der Krankenversicherung gegeben. Dort allerdings kann sie, wenn die Krankenkassen 2026 trotz ihrer Ankündigung die Beiträge erhöhen, die Schuld immer noch auf die Kassen schieben. Nach dem Motto: Gehen sie über den vom Bundesgesundheitsministerium angekündigten Beitrag hinaus, kann man ihnen vorwerfen, schlecht zu wirtschaften. In der Pflege sieht das anders aus. Da muss die Bundesregierung den Beitragssatz bundeseinheitlich festsetzen und von Bundestag und Bundesrat absegnen lassen. Deshalb ist große Hektik ausgebrochen.

Denn für das kommende Jahr fehlen noch zwei Milliarden Euro in der Pflegeversicherung. In den Koalitionsfraktionen wird daher gerade darum gerungen, woher die kommen sollen. Die Gesundheitspolitiker möchten, dass der Bund zumindest einen Teil der Kosten zurückzahlt, die der Pflegeversicherung in der Coronazeit auferlegt wurden, aber eigentlich mit Steuergeld hätten bezahlt werden müssen. Das waren mehr als fünf Milliarden Euro. Die Finanzpolitiker jedoch winken bisher ab, weshalb es möglicherweise nur einen Kredit gibt, der die Pflegeversicherung dann aber in Zukunft zusätzlich belastet.

Eigentlich sollte es jetzt ja um eine grundlegende Reform geben, die auf Jahre trägt und Leistungen und Beiträge stabilisiert. Was da aber von der extra eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die bis Jahresende endgültig liefern soll, als Zwischenstand verlautbart wurde, klingt noch nicht nach großem Wurf.

Klar ist nur: Die Pflegeversicherung soll, wie seit ihrer Einführung 1995 üblich, weiterhin eine Teilversicherung bleiben, übernimmt deshalb nur anteilig Kosten – Teilkasko statt Vollkasko also. Sozialverbände, Linkspartei, aber auch die CSU wollten das so nicht. Nun jedenfalls sollen alle fünf Pflegegrade erhalten bleiben. Auch dies wurde vor kurzem noch anders diskutiert.

Welche Leistungen sie in Zukunft noch konkret beinhalten werden, soll jedoch auf den Prüfstand gestellt werden. Das kann durchaus heißen: Die bisher im Pflegegrad 1 finanzierte Putzhilfe fällt weg. Stattdessen wird nur noch finanziert, was dabei hilft, schwere Pflegebedürftigkeit zu verhindern.

Dann bleibt vieles unklar. So ist von einer möglichen Deckelung der Heimkosten die Rede. Dabei geht es darum, dass der Pflegebedürftige grundsätzlich nur noch einen Basisbetrag übernehmen und der Rest von der Pflegeversicherung und vielleicht auch vom Steuerzahler kommen soll. Das wird auch „Sockel-Spitze-Tausch“ genannt – und der dürfte teuer werden. Auch von einer verpflichtenden privaten Zusatzversicherung ist die Rede. Alles allerdings mit Prüfauftrag. All das, so die Arbeitsgruppe, stehe zudem unter Finanzierungsvorbehalt.

Sehr viel Konjunktiv also. Nichts ist wirklich geklärt. Ohne finanziellen Rahmen geht das auch nicht. Und dann wäre da noch die Frage: Woher sollen all die Pflegekräfte und Pflegeplätze kommen, die wir angesichts der demografischen Entwicklung benötigen?

Neben Geld braucht es Ideen und Mut. Leider sieht es wieder einmal nach viel Klein-Klein und nicht nach großer Umgestaltung aus. Bleibt es dabei, steht auch die Pflege vor dem Kollaps.